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1971 als “Kriegsgefangener im Manöver”

(c) Arnd Wöbbeking

Trendelburg, ein kleines Dorf an der Weser hinter Bad Karlshafen im Jahr 1971. Die Militärischen Manöver erreichen einen Ihrer Höhepunkte im sogenannten besetzten Deutschland! In vielen Köpfen herrschen noch die Erinnerungen des Krieges vor, der erst 26 Jahre zurück liegt! Viele der Soldaten die hier in Deutschland, in den „Besatzerarmeen“ Ihren Dienst für die Freiheit verrichten, haben auch im II.Weltkrieg noch gekämpft, ebenso wie die Soldaten der Bundeswehr!

Herbstzeit = Manöverzeit…. Aber auch eine Zeit in der die Natur Ihre Farbenpracht zeigt. In den USA wird diese Zeit von den dortigen Ureinwohnern „Indian Summer“ genannt, weil es für sie die letzte Chance war, Nahrungsmittel für die langen Winter zu erjagen! Auf der Jagd war auch Klaus H. aus Trendelburg, damals 26-jähriger Lehrer an einer Schule, aber nicht nach etwas essbaren, sondern nach den Schönheiten der Natur, um diese mit seiner Super 8 Kamera festzuhalten!  Ziel war es einen Filmvortrag für seine Schüler zusammenzustellen. Doch es kam anders…..

Klaus H. hielt wieder einmal an und brachte seine Kamera in Anschlag! Ein Auge zugekniffen schaute er mit dem anderen durch den Sucher der Kamera! Das für Super 8 Kameras typische, surrende Knacken drang an sein Ohr! Er schwenkte rechts, er schwenkte links, doch plötzlich hielt er inne… sah er doch vier Männer auf sich zukommen! Davon hatten zwei Maschinenpistolen im Anschlag auf ihn! Der vierte sprach ihn an und entriss ihm seine Kamera und verlangte seine Papiere. Was war passiert? 

Klaus H. filmte einen Waldrand und bei einem seiner Kameraschwenks hat er einen britischen Centurion Kampfpanzer gefilmt der so gut getarnt gewesen ist, dass er ihn glatt übersehen hat! So geriet Klaus H. 26 Jahre nach Kriegsende in britischen Gefangenschaft! 

Den Namen des Herrn Klaus H. habe ich in einem Zeitungsartikel der HNA gefunden! Ich dachte mir, dass ich einfach versuche ihn ausfindig zu machen und ihn einfach mal anschreibe, vielleicht hat Herr H. ja die Aufnahme noch oder eventuell sogar noch mehr Fotos aus der Zeit! Freundlicherweise hat Herr H. zurückgerufen aber leider jedoch trifft keine meiner Hoffnungen zu, hatte doch der Soldat, der ihn damals festgenommen hat, die Kamera geöffnet und der Film wurde dadurch unbrauchbar! Den Rest entnehmt bitte dem beigefügten Zeitungsbericht! Klaus H. hat dann leider nie wieder Photographien oder Filme von Manövern angefertigt! Aber dennoch war es eine Ehre mit dem heute 70-jährigen über seine Erlebnisse zu sprechen und diesen Bericht darüber zu verfassen! Vielen Dank an Sie Herr H. für das nette Telefongespräch!

Es ist immer wieder interessant mit einem Zeitzeugen zu sprechen, der dann auch noch so ein Erlebnis zu erzählen hat!

Arnd Wöbbeking, 10.03.2015

 

Hier der Originalzeitungsbericht mit freundlicher Genehmigung der HNA (Hessische/Niedersächsische Allgemeine)!

 

1971_10_23 HNA Klaus_H.png

 

 

Arnd Wöbbeking

Arnd Wöbbeking

Aufgewachsen zu der Zeit des Kalten Krieges! Viele Manöver hier im Landkreis Hameln-Pyrmont miterlebt!
Arnd Wöbbeking

Über den Autor

Arnd Wöbbeking

Aufgewachsen zu der Zeit des Kalten Krieges! Viele Manöver hier im Landkreis Hameln-Pyrmont miterlebt!

5 Kommentare

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  1. 4
    RALF_67

    Hallo Arndt
    Unglaublich diese Geschichte ! Läd echt zum schmunzeln ein,obwohl es solche Vorfälle damals wohl des öfteren gegeben haben soll.
    Der arme Herr H. hatte mit Sicherheit ein gar nicht so gutes Gefühl in der Hinsicht was mit ihm dann so alles geschehen könnte !?

    Danke an Herrn H. für diese Geschichte!

    Natürlich auch Dank an Dich Arndt für die Recherche und die Präsentation hier .

    Viele Grüße,RALF

  2. 3
    Free Lion

    Hallo Arnd,
    da hast du ja ein interessantes zeithistorisches Dokument ausgegraben. Ähnliche Begebenheiten hat es in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts auch bei uns gegeben (Grundsätzlich hielten die Soldaten nach Spitzeln aus dem Bereich des Warschauer Paktes Ausschau). Ich hatte Mitte der 70er Jahre eine ähnliche Situation bei einem Weserübergang in Pegestorf. Da wurde mir auch der Film weggenommen. Zudem wurde die Autonummer häufiger notiert. Als ich mich als manöverbegeisterter Zivilist das erste Mal offiziell bei den Briten angemeldet hatte, wurde ich von den geheimen Diensten durchleuchtet. Nach ca. vier Wochen bekam ich das o.k. und eine erste Einladung zu einer “Staff College Demonstration” ins Sennelager. Bei dieser Gelegenheit wurde mir berichtet, dass ich bereits vorher als “auffällig aber harmlos” eingestuft war. Danach konnte ich nach Herzenslust alles fotografieren, was nicht besonders als verboten eingestuft war.

    Es grüßt
    Eckhard “FreeLion” Uhde

  3. 2
    Rainer Preuß

    …versorgten ihn mit belegten Broten, Bier und Zigaretten. Sicherlich gab es schon schlimmere Kriegsgefangenschaften… 😉

    Sehr ineressanter Beitrag, danke Arnd!

  4. 1
    SemperFi

    So lief es aber damals…Ruck Zuck, warste weg… Auch die Amis waren nicht immer so Tiefenentspannt wie man auf vielen Fotos sieht. In unserer Gegend rund um das FULDA – GAP kam es auch zu solchen Zwischenfällen wo es aber meist bei Personenüberprüfungen durch MP geblieben war.

    Kann man aber trotzdem drüber schmunzeln.. 🙂

    Gruß

    Kay

    1. 1.1
      Ad

      Ja Kay,

      Herrn H. war gestern Abend nach nunmehr vielen Jahren auch eher zum Schmunzeln zu Mute als das er sich darüber geärgert hat!
      Es war ein sehr interessantes Gespräch mit Ihm!

      Gruß Arnd

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