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SLA Rote Flächen – Lost Place – Galerie Meyer

Hallo Manövergemeinde,

vor ziemlich genau 20 Jahren endeten die Manövertätigkeiten der Britischen Rheinarmee in den sogenannten “Roten Flächen”. Das SLA (Soltau-Lüneburg Abkommen) umfasste einen von Soltau bis vor die Tore von Lüneburg in etwa 40 km Länge und 10 km Breite sich erstreckenden Raum von ca. 35.000 ha mit damals ca. 26.000 Einwohnern. Von diesem Gebiet waren ca. 5.000 ha sogenannte “Rote Flächen”, die ständig genutzt wurden. Die Bezeichnung “Rote Flächen” ergab sich aus der Darstellung in den Übungskarten, die in roter Farbe erfolgte. Fragt man heute die jüngere Generation in der Lüneburger Heide nach dem SLA, erntet man häufig nur Achselzucken. Das es bis 1994 im Gebiet zwischen Soltau und Lüneburg nahezu durchgehend eine intensive Manövertätigkeit und Landschaftsverwüstung durch britische Truppen gegeben hat, gerät zunehmend in Vergessenheit. Die Situation eines bewohnten und dauernd beübten “de facto” Truppenübungsplatzes war geradezu auf Konflikt angelegt. Übende Einheiten verschmutzten Strassen, Gewässer, Hofstellen usw.. Bei Übungen waren immer und täglich (auch am Wochenende und an Feiertagen) über 100 Panzer in der Heide unterwegs. Bodenverdichtung und Erosion nahmen zu und die “Roten Flächen” erhielten zunehmend einen wüstenartigen Charakter. Bereits in den frühen 50er Jahren wurden die Flächen von den Briten intensiv und ohne jegliche Einschränkungen beübt, denn das damalige Besatzungsrecht war von deutscher Seite nicht beeinflussbar. Später trat dann das SLA in Kraft und die Übungstätigkeiten waren nun klarer geregelt und unterlagen Einschränkungen. Ich habe mich in den letzten Wochen mal auf Spurensuche begeben und auch noch einiges an Spuren und Relikten ausfindig gemacht. Nachfolgend noch einige Fakten…

1952-Dauerhafte Nutzung des ehemaligen Fliegerhorstes “Reinsehlen” als Ausgangspunkt für Übungen in der Heide.

1955-Ende des Besatzungsrechtes.

1955-BRD wird Natomitglied-Truppenvertragskonferenz über Stationierungskräfte von Entsendestaaten und deren Aufenthalt.

1959-Unterzeichnung des SLA-u.a. keine Kampfpanzer mehr östlich der Luhe erlaubt-alle weiteren Kettenfahrzeuge weiterhin erlaubt.

1960-Einsatz eines Commander Services Liaison Officer(SLO) für die SLTA (Soltau-Lüneburg Training Area)-Standing Orders für das Verhalten der Truppe im Gebiet.

1961-Entstehung von Schutzkommissionen (Erosion,Umwelt,Strassen). Der Bau von Ortsumgehungen bescherte der Region ein vorzügliches Straßennetz.

1963-Offizielles Inkrafttreten des SLA laut Bundesgesetzblatt-Etwa 1800 Grundeigentümer wurden durch das Abkommen letztlich zum Abschluss von Gestattungsverträgen zu Übungszwecken mit dem Bund  gezwungen, da sie für den Fall der Weigerung mit Enteignung rechnen mussten-Bau der “Panzerbrücke” über die B3.

1965-Einsetzen eines Konfliktausschuss der mehrmals im Jahr tagt und sich der Beschwerden der Bevölkerung annahm.

1970-Einige private landwirtschaftliche Nutzflächen werden aus der militärischen Nutzung genommen und an die Eigentümer zurückgegeben.

1986-Gründung einer BI (Time to go Home) gegen die Übungen in der Heide.

1990-Einführung einer Übungssommerpause (ca. 4 Wochen) zur Zeit der Heideblüte.

1991-Vereinbarung zur stufenweisen Beendigung der Übungstätigkeiten im SLA-Gebiet bis 1994.

1992-Beendigung der Übungen ostwärts der Luhe-Lopau-Linie, in der sogenannten “Lüneburg extension”.

1993-Beendigung der Übungen ostwärts der A7.

1994-Endgültige Beendigung der Übungen-teilweise Rückbau von Trassen und militärischen Anlagen-Renaturierung der Heideflächen durch Zivilpersonen und Militär.

PS: Auf den Bildern ist folgendes in Reihenfolge zu sehen…

-Typische SLA-Karte/ca. Anfang 1994-Übungsraum nur noch östlich Schneverdingen und Camp Reinsehlen-Tank Bridge eingezeichnet-Bypass-Strassen.

-Typische Hinweistafeln auf denen auch die Vergangenheit der Heideflächen beleuchtet wird.

-Panzerverbotsschilder vor Siedlungen-bis Anfang 2000 konnte man auch noch die typischen “Out of Bounds” Schilder finden.

-Überbreite Straßen (Ortsumgehung zwischen Soderstorf-Rolfsen) und Kreuzungen mitten in der “Pampa” mit abgeflachten Verkehrsinseln zum Überfahren geeignet.

-Ausgebaute Randstreifen für Kolonnen-Aufmarschstreifen nach Übungsende/oder für TH gedacht.

-Hinweistafel “Behringer Heide”-Aufgewühlte Erdhaufen….man erkennt noch den halbkreisförmigen Aufwurf-Kratzspuren auf Asphalt.

-Verbindungsstraße Schneverdingen-B3. Hier mussten die Panzer rüber um ins Camp zu kommen, dafür wurde extra Licht eingeschaltet, BK in höchster Erhöhung und RKL ein.

-Gummiteile von Laufrolle-Kettenpolster-Reste der Panzerbrücke über die B3 werden wieder von der Natur eingenommen.

-Das Camp Reinsehlen wird heute als Naturschutzakademie genutzt. Die vielen sogenannten “Nissenhütten” aus Wellblech sind recht schnell nach 1994 verschwunden. Man erkennt noch die Weite des ehemaligen Feldflugplatzes der Nazis. Einige massive Gebäude (SLA-Kommandantur) haben überlebt. Weiterhin auch die Panzerwaschanlage wo einige Bereiche als Hochseilgarten genutzt werden. Auch die Eisenbahnunterführung ist noch erhalten.

-Ein letztes Bild mit Symbolcharakter-Schäfer mit Heidschnuckenherde im Camp Reinsehlen….die Natur ist zurück!!

Gruß

Totti

+++

Über den Autor

Totti

15 Kommentare

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  1. 10
    Ad

    Danke für diesen Superbeitrag. Er erklärt vielen Jungen Leuten hier sehr gut was die SLA gewesen sind!
    Gruß Arnd

  2. 9
    1. 9.1
      joe

      Hi Lars,sehr gute Reportage.Die Fotos aus dem Archiv von der Landeszeitung Lüneburg sollten sie uns mal zur Verfügung stellen.Ansonsten gibt die Reportage das wieder was ich an Thomas geschrieben habe. Bei 26000 betroffenen Bürgern waren die Gegner ja wohl klar in der Minderheit.Zumal die zu Wort gekommenen ja hergezogene waren,das waren ja gar keine richtigen “Heidjer”.Meine Tante oder Oma hätten sich niemals den Briten entgegen gestellt.Man hat damit gelebt.Gruß joe

  3. 8
    Thomas Dittmann

    Servus Thorsten!
    hervorragenter bericht den du ausgearbeitet hast! bei solchen berichten schlagen immer 2 herzen in meiner brust. zum einen natürlich der Wehmut das dort keine Truppen mehr üben zum anderen die Natur die darrunter leiden muste und natürlich auch die Bevölkerung! aber was wäre gewesen wenn dies alles nicht stattgefunden hätte? ich denke die geschichte zeigt uns das alles richtig war.
    dennoch,ich war einige male mit meinem vater in der heide unterwegs aber nie etwas davon mitbekommen,wenn er davon gewusst hätte,er hätte mit mir ganz bestimmt einen ausflug gemacht.

    grüsse

    thomas

    1. 8.1
      joe

      Hi thomas,Ich muß mal was zu der Bevölkerung sagen, die ja so gelitten hat.Da ich von klein auf meine Ferien in den Gebiet der Roten Flächen verbracht habe,kann ich nur dazu sagen das sich von der normalen Bevölkerung niemand über die Briten aufgeregt hat.Ganz im Gegenteil,das war halt so.Als ich einmal meine Ferien bei meiner Tante verbracht habe,wurde innerhalb von einer Stunde das gesamte Dorf “besetzt”.Es störte niemanden…Die Briten nahmen jeden erdenklichen Hof in Beschlag.Das war halt so.In kürzester Zeit roch es im Ort überall nach Gulasch und Tee.Eigentlich sollte ich am nächsten Tag von meinen Vater abgeholt werden,Natürlich genügte ein Anruf zu Hause um den Aufentalt noch mal um 2 tage zu verlängern…Meine Tante hatte einen Resthof,dazu gehörte auch ein Scheune.Die großen Rolltore waren nicht verschlossen,das wussten die Briten.Die Scheune wurde sogleich für den Stab hergerichtet.Wie gesagt,kein Einwohner des Dorfes hat sich jemals darüber aufgeregt.Ich glaube das sich nur die Leute aufgeregt haben,die gar nicht im Gebiet gewohnt haben,irgendwelche Ökos aus Hannover…oder so.Die Natur?Fahr jetzt mal hin..alles ist dort grün,was hat man damals für ein Geschrei um die Natur gemacht.Ach was war das für ein schöne Zeit.Das musste ich mal loswerden,Gruß joe

  4. 7
    Guenther H.

    Ein Bericht der mich nachdenklich macht…besonders wenn ich mit meinem Wauz spazieren gehe und Spuren aus jenen Tagen finde die,die Zeiten überdauert haben.
    Da ist das Stiefelpaar von1990 als Centurion Shield bei uns am laufen war ,zwar mit Moos überwuchert aber es erinnert mich jedesmal daran wie die Waldwiesen hier aussahen,als Tauwetter eingesetzt hatte..da ist der halbverrostete amerikanische olive Ölkanister 1980 wurde er dort “vergessen”.
    Da liegt noch die blaue Übungsmarkierung auch aus jener Zeit,ein paar Kilometer weiter findet sich im Dickicht das abgebrochene Griffstück eines M60 Maschinengewehres,der allgegenwertige “Spoon” aus den C-Rationen findet sich praktisch noch überall.
    Da ist da Kettenglied eines Leo’s das heute von einem Bauern als “Türspreizer” missbraucht wird,vereinzelt sieht man noch am Waldrand die Stellen wo sich einst M60 zum Angriff bereitstellten,der Boden ist dort so verdichtet das nichts mehr anderes als Gras wächst,ein MG-Nest heute überwuchert mit Gras und Brombeeren,erinnert mich daran wie die Kanadier damals auf den “Feind” draufgehalten hatten…die Patronenhülsen daraus waren lange in meinem Besitz!
    Der “Veteran” jener Zeit weiß die Spuren noch zu deuten,doch irgendwann werden sie in Vergessenheit geraten,da an sie keine Schautafeln wie in diesem 1A Bericht erinnern.
    So ist der lauf der Dinge..

    Gruß
    Günther

  5. 6
    cars73

    Moin Thorsten , Man was würden wir nur ohne solche Leute wie dich machen , man echt Klasse ausgearbeiteter Bericht über die SLA,habe von dem Gebiet schon viel gehört ,kenne das Gebiet aber leider nur in der jetzigen Form .Allein schon bei dem Gedanken ,was da Früher alles Abging wünscht man sich… richtig , eine Zeitmaschiene.Schönen Dank Dir für die Tolle Arbeit .
    Viele Grüße Carsten

  6. 5
    joe

    Hi thorsten,ganz klasse dein Bericht.Mir kommen da ja gleich meine Erinnerungen wieder hoch.Es war einfach unglaublich,was dort los war.Die typischen “Out of Bounds X End of Trg Area” Schilder standen bei meiner Oma rund ums Dorf überall am Waldrand.Sie wurden aber nicht so sehr von den Briten beachtet,dahinter ging es munter weiter.Gerne wurden sie auch mal einfach so umgefahren.Ich kann mich heute noch ärgern,damals nicht eins alls Andenken mitgenommen zu haben.Das würde nämlich heute zum entsetzen meiner Frau bei mir im Garten stehen……Ich kann mich auch noch an die Schilder”Wheels left Trucks right”erinnern.Ich denke mal die kennst du auch noch?Also nochmals vielen Dank für deinen Bericht und die Bilder gruß joe

    1. 5.1
      Totti

      Moin Joe…..ja diese Schilder sind mir auch noch bekannt. Ich bin leider erst Anfang der 90er Jahre in den Raum Lüneburg gezogen. Damals lief im ZDF grad die Dokumentation “Wenn die Heide dröhnt”. Ich bin gleich am nächsten Tag los und habe die ganze SLA abgeklappert. Habe auch oft den blauen Imbisswagen von “Wolfgang” gesehen. Wo der stand waren auch Truppen untergezogen und man brauchte eigentlich nur warten bis die aus dem Busch kamen. Man was war damals noch geboten, obwohl der Übungsbetrieb nach der Wende ja schon Einschränkungen unterlag. Kaum vorstellbar was in den 70/80er Jahren los gewesen sein muß?? Danke für dein Feedback…..

      Gruß aus der Heide

      Totti

      1. 5.1.1
        joe

        Hi Totti.Ich kann mich auch noch an die Bypass Schilder erinnern.ZB Sodersdorf Bypass.Dann noch weiter in Richtung Lüneburg.Wetzen bypass,die strecke führte um das Dorf herum oben am Berg entlang.Die Straße in Richtung Örtzen zur B209 war komplett betoniert und hiess bei allen örtlichen Bewohnern nur “Panzerstrasse”…Was habe ich dort in meiner Jugend für eine schöne Zeit gehabt.Aber diese Storys würden dann schon wieder unter der Abteilung “Erlebnissbericht”stehen.Es war eine herrliche Zeit.Du hättest man 1980 dort hinziehen sollen…..Gruß joe..

  7. 4
    Uwe S.

    P.S.
    Eine der der Nissenhütten aus dem Camp Reinsehlen steht im Freilichtmuseum am Kiekeberg bei Hamburg.
    Sie ist als Vertriebenenunterkunft eingerichtet.

  8. 3
    Uwe S.

    Hallo Thorsten,
    vielen Dank für den ausführlichen Bericht.
    Ich bin ja auch oft auf den ehemaligen roten Flächen unterwegs und in jedem Biwakraum kann man nach nur wenigen Metern die Spuren der ehemaligen Nutzer finden.
    Man kann sich trotzdem kaum noch vorstellen wie es damals gewesen sein muss, so viel Action zu jeder Zeit und alles frei zugänglich. Ich würde ja gar nicht mehr zum Arbeiten kommen.

    Alles in Allem holt sich die Natur sehr schnell wieder alles zurück, es ist keineswegs so wie böswillige Zungen damals behaupteten dass sich die Natur nie wieder erholen würde.

    Uwe

  9. 2
    Glombski

    Hi Thorsten,

    auch von mir ein großes Lob für Deinen tollen Bericht.
    Wenn der Hintergrund nur nicht so traurig wäre 🙁
    Wir alle leiden mit Dir, aber so ist es eben.

    Vielen Dank für Deine Mühe

    Gruß Jürgen

  10. 1
    Lars de Vries

    Hi Thorsten,

    eine bessere Zusammenfassung für die Roten Flächen werden kaum zu finden sein. Die Arbeit so einen Artikel zu erstellen ist um das zigfache höher als einen Manöverartikel. Natürlich zu “fühlen” das du mit viel Wehmut und Herzblut dabei bist…….wie soll man sich denn auch fühlen wenn das Paradies auf Erden für uns Militärenthusiasten auf einmal nicht mehr genutzt wird…!?! Auf das dieser Artikel immer bestehen bleibt und den nachfolgenden Generationen zeigt wie es mal war.
    Ganz klare Bestnote.

    Gruß Lars

    1. 1.1
      joe

      Hi Lars,leider interessiert es die nachfolgenden Generationen nicht was wir hier zeigen und wo wir drüber reden.Ich habe erst gestern mit jungen Leuten (alle um die 25) zusammen gesessen und über die Manöver Geschichten mit noch älteren geredet.Es war als wenn wir über Dinos reden würden.Keiner der jungen Leute zeigte Interesse daran.Ich habe dann mal fotos von Chieftain gezeigt,keiner von denen konnte sich vorstellen,das so etwas mal auf unseren Straßen gefahren ist.Am Montag hatte ich einen Arbeitskollegen bei mir, der meine Panzermodelle gesehen hat.Der wußte gar nicht was das ist…..Sein Alter 22.So ist die Lage..Gruß joe

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